Mittwoch, 27. April 2011

Basst scho – Streifzüge durch die Heimatsprache Altbayerns

Über die bairische Sprache gibt es eine Menge zu sagen. Das beginnt schon mit dem kleinen, aber feinen Unterschied zwischen den Schreibweisen „bairisch“ und „bay(e)risch“, wobei Ersteres das Sprachlich-Volkskundliche bezeichnet und Zweiteres zum politisch-geographischen Begriff Bayern gehört. Das geht weiter mit der Frage, ob das Bairische eine eigene Sprache oder doch „nur“ ein Dialekt ist. Und es endet noch lange nicht mit dem Problem, dass es kein einheitliches Bairisch und schon gar keine offizielle bairische Rechtschreibung, sondern eine Vielzahl regionaler und persönlicher Unterschiede und Varianten gibt.

Um diese Hürden zu überwinden und die vielen farbigen Facetten der reichen Sprache Altbayerns amüsant, aber doch in wissenschaftlicher Korrektheit darzustellen, gibt es wohl keinen geeigneteren Referenten als Ludwig Zehetner, der als Honorarprofessor für die Dialektologie des Bairischen an der Universität Regensburg lehrt und viele Bücher und Artikel zum Thema veröffentlicht hat. Unter dem selbstbewussten Motto „Die Mundart ist kein Manko, sie ist eine Bereicherung“ eröffnete er am 27. März im Gasthof Bail in Schlipps seinen Vortrag und begeisterte die Zuhörer mit allerlei Schmankerln aus dem Dialekt, die in bislang drei Büchern unter dem Titel „Basst scho!“ erschienen sind. Im Mittelpunkt der Ausführungen standen Anekdoten über besonders charakteristische Mundartwörter, etymologische Theorien, in Vergessenheit geratene Wörter und vieles mehr.

Wer wüsste schon, dass das Wort „Gloiffe“ ein isländisches Gegenstück besitzt, das mit ihm verwandt sein könnte? Wem ist schon einmal aufgefallen, dass Frauen im Bairischen, wenn abfällig oder salopp über sie gesprochen wird, erstaunlich oft mit Hohlräumen verglichen werden? – Schachtel, Schäsn, Drumme, Bixn sind Beispiele dafür. Und wer hätte gedacht, dass das Bairische ganz exklusiv eine Konjunktivform besitzt, die man im Hochdeutschen vergeblich sucht? – Sätze wie „Dann dadirad-a da“ (= Dann würde er dir verdorren) als Alternative zu „Dann daad-a da dadirrn“ beweisen es.

Zu den mit Sicherheit lustigsten sprachlichen Kostproben, die Prof. Zehetner zum Besten gab, zählen die volkstümlichen Vergleiche im Bairischen. Eine Sprache muss schon viel Lebenskraft und Phantasie in sich tragen, um so herrliche Sprüche hervorzubringen wie: „Ausschaung duad er wiara auszuzlte Gottsackerfliang“ oder „Er kimmt daher wia da Doud vo Eding“ (wie der „Tod von Altötting“). Für diejenigen Zuhörer, die die Bedeutung des einen oder anderen Ausdrucks nicht sofort erfassten („Den treibt’s um wia an Schoaß in da Reidan“), hatte Herr Zehetner dankbarerweise immer auch die hochdeutsche Übersetzung parat („wie einen Darmwind im Rüttelsieb“).

Nachdenklich kann einen stimmen, wie viel von der ursprünglichen Sprache Altbayerns schon verlorengegangen ist und wie sehr sich der heute gesprochene Dialekt der Hochsprache annähert. Aber es bleibt auch die hoffnungsvolle Erkenntnis: Bairisch lebt, Bairisch wird wieder salonfähig – und Vorträge wie der von Ludwig Zehetner ermuntern alle bairischen Muttersprachler dazu, stolz und ohne Scheu den Dialekt zu pflegen. Wieder mal Scherhaufa statt Maulwurfshügel zu sagen oder Ratschkathl statt Quasselstrippe – dees waar doch a pfundige Sach!
Joachim Burghardt


Ludwig Zehetner: Basst scho! 
3 Bände. Mit Fotografien von Helmut Koch. 

Band 1: 
Wörter und Wendungen aus den Dialekten und der regionalen Hochsprache in Altbayern. 
208 S. Edition Vulpes, 2. Aufl. 2010. 18 €.

Band 2: 
Weitere Streiflichter auf die deutsche Sprache 
in Altbayern. 
244 S. Edition Vulpes 2010. 19 €.

Band 3: 
Eine neue Runde auf dem Spaziergang 
durch die Heimatsprache Altbayerns. 
256 S. Edition Vulpes 2011. 19 €.


Beachten Sie auch die Homepage von Herrn Zehetner:
www.ludwigzehetner.de

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen